26. Januar 2007

I would go out tonight, but I haven't got a stitch to wear

Es gibt so unglaublich viele Fashion- & Style-Seiten im Internet (z.B. hier und von da aus dann weiter). All diese Seiten schaue ich mir sehr gern an, aber manchmal stellt sich dann doch eine Art Übersättigung ein. "Ist doch klar", werden jetzt einige sagen, "diese Modeleute - das sind doch Herrscherinnen und Herrscher über ein Talmireich! Das ist doch hohl und leer! Lies lieber mal ein gutes Buch!" Aber diesen Einwand lasse ich nicht gelten. Ich lese massenhaft gute Bücher - gelegentlich sind sogar sehr gute darunter - aber macht mich das zu einem besseren Menschen? Nee, nee, nee, das konnte mir noch niemand überzeugend erklären, wieso es sinnvoller sein soll, ein Buch zu lesen als ein Modeheft durchzublättern. Und: Was ist nicht hohl - außer vielleicht freiwilliges, unentgeltliches Minenentschärfen in einem Gebiet, wo das nötig ist? Eben. Alles ist eitel. Vanitas vanitatum et omnia vanitas.

Woher kommt also diese Übersättigung bei übermäßigem Konsum von Modeseiten? Ich weiß es: Es ist die komplette, völlige, vollständige Abwesenheit von Theorie. Es geht immer nur darum: was ist hip, was geht gar nicht mehr, wie ist die neue Kollektion von Marc Jacobs zu beurteilen etc.pp. Alles wichtige Fragen, eh klar, aber das wieso?weshalb?warum? wird dabei doch ziemlich klein geschrieben. Abhilfe schafft da ein Griff in die Mottenkiste der Modetheorie. Wir lesen mal ein bisschen nach bei Georg Simmel, Die Mode, in: Georg Simmel, Philosophische Kultur. Gesammelte Essais, Leipzig 1911, S. 29-64, und finden dort Erhellendes und Informatives über das Wesen der Mode: Die Mode ist, so Simmel,
"(...) Nachahmung eines gegebenen Musters und genügt damit dem Bedürfnis nach sozialer Anlehnung, sie führt den einzelnen auf die Bahn, die alle gehen, sie gibt ein allgemeines, das das Verhalten jedes einzelnen zu einem bloßen Beispiel macht. Nicht weniger aber befriedigt sie das Unterschiedsbedürfnis, die Tendenz auf Differenzierung, Abwechslung, Sich-Abheben. (...). So ist die Mode nichts anderes als eine besondere unter den Lebensformen, durch die man die Tendenz nach sozialer Egalisierung mit der nach individueller Unterschiedenheit und Abwechslung in einem einheitlichen Tun zusammenführt."
Und weiter unten heißt es:
"Wo von den beiden sozialen Tendenzen, die zur Bildung der Mode zusammenkommen müssen, nämlich dem Bedürfnis des Zusammenschlusses einerseits und dem Bedürfnis der Absonderung andererseits, auch nur eines fehlt, wird die Bildung der Mode ausbleiben, wird ihr Reich enden."
Horrorszenario! Hoffentlich passiert das nie! Aber weiter gehts:
"Das Wesen der Mode besteht darin, daß immer nur ein Teil der Gruppe sie übt, die Gesamtheit aber sich erst auf dem Wege zu ihr befindet. (...). Jedes Wachstum ihrer treibt sie ihrem Ende zu, weil eben dies die Unterschiedlichkeit aufhebt. Sie gehört damit dem Typus von Erscheinungen an, deren Intention auf immer schrankenlosere Verbreitung, immer vollkommenere Realisierung geht - aber mit der Erreichung dieses absoluten Ziels in Selbstwiderspruch und Vernichtung fallen würde. (...). Ihr wohnt von vornherein der Expansionstrieb inne, als sollte jede jeweilige die Gesamtheit einer Gruppe sich unterjochen; in dem Augenblick aber, wo ihr dies gelänge, müßte sie als Mode an dem logischen Widerspruch gegen ihr eigenes Wesen sterben, weil ihre durchgängige Verbreitung das Abscheidungsmoment in ihr aufhebt."
Gruseliges Phänomen, diese Mode. Sie konstituiert sich in ihrer Vernichtung. Memento mori. Mich fröstelt.

Wer aber schon immer mal wissen wollte, wieso die Mode in der gegenwärtigen Kultur so ungeheuer überhand nimmt, dem sei mit Simmel geantwortet:
"Daß in der gegenwärtigen Kultur die Mode ungeheuer überhand nimmt (...) ist nur die Verdichtung eines zeitpsychologischen Zuges. Unsere innere Rhythmik fordert immer kürzere Perioden im Wechsel von Eindrücken; oder, anders ausgedrückt: der Akzent der Reize rückt in steigendem Maße von ihrem substantiellen Zentrum auf ihren Anfang und ihr Ende. (...). Das spezifisch 'ungeduldige' Tempo des modernen Lebens besagt nicht nur die Sehnsucht nach raschem Wechsel der qualitativen Inhalte des Lebens, sondern die Stärke des formalen Reizes der Grenze, des Anfangs und Endes, Kommens und Gehens. Im kompendiösesten Sinne solcher Form hat die Mode (...) den eigentümlichen Reiz der Grenze, den Reiz gleichzeitigen Anfanges und Endes, den Reiz der Neuheit und gleichzeitig den der Vergänglichkeit. Ihre Frage ist nicht Sein oder Nichtsein, sondern sie ist zugleich Sein und Nichtsein, sie steht immer auf der Wasserscheide von Vergangenheit und Zukunft und gibt uns, solange sie auf ihrer Höhe ist, ein so starkes Gegenwartsgefühl, wie wenige andere Erscheinungen. Wenn in der momentanen Aufgipfelung (...) auch schon ihr Todeskeim liegt, ihre Bestimmung zum Abgelöst-Werden, so deklassiert diese Vergänglichkeit sie im ganzen nicht, sondern fügt ihren Reizen einen neuen hinzu."
So, den Rest bitte selber lesen. Das nächste Mal machen wir dann ein bisschen Semiotik. Und zwar Semiotik der Mode. Bis dahin bitte alle folgenden Text vorbereiten: Roland Barthes, Rhetorik des Signifikats: Die Welt der Mode, in: Roland Barthes, Die Sprache der Mode, Frankfurt am Main 1985, S. 253-269.

******

Labels:

25. Januar 2007

Hobby: Muster

Ich habe ein Herz für Muster, ich habe ein Herz für Hobbys, ich habe ein neues Hobby: Muster selber basteln.





Das geht ganz einfach. Man schneidet etwas aus oder malt eine Kleinigkeit und vervielfältigt das Ganze dann mit einem Grafik-/Layoutprogramm. Fertig. Das Gute daran: Der Ausgangspunkt des Musters kann irgendein unregelmäßiges Krickelkrackel sein, macht gar nichts, das Musterhafte entsteht ja durch die regelmäßige Vervielfachung.

******

Labels:

18. Januar 2007

Privatsprache

Der "Mitbewohner" und ich, wir haben - aufgrund ausgedehnten gemeinsamen Abhängens hier in the hood/at home - eine Art Privatsprache entwickelt, die außer uns, das liegt in der Natur einer Privatsprache, niemand so richtig versteht bzw. lustig findet. Wir aber liegen auf dem Boden vor Lachen. Umso peinlicher, wenn man in der Außenwelt versehentlich in der Privatsprache redet! Ja, ja, ich weiß, ich weiß, es ist nicht witzig, wenn man das Messer Reinhold Messner, den Löffel Sigrid Löffler, die Gabel Clark Gable und die Suppenkelle Grace Kelly nennt! Das weiß ich. Aber es rutscht mir halt manchmal einfach so raus. Und wenn der "Mitbewohner" gerade jetzt, wo es so kalt ist, gern seinen Schal de Gaulle trägt, muss ich mich doch kaputtlachen. Von der Heidi Verlängerungskabel und der Mehrzweckhalle Berry ganz zu schweigen.

******

Labels:

14. Januar 2007

U-Bahnhof-Fliesen-Rätsel N°9


All right, es wird mal wieder Zeit für ein Fliesenrätsel.

Der gesuchte Bahnhof befindet sich in einer seltsamen Gegend. Zentrale Randlage gewissermaßen. Und er heißt fast genau so wie eine amerikanische Autorin, die 1986 ein Buch herausgebracht hat, welches später verfilmt wurde. Die Hauptpersonen in diesem Film heißen Eleanor, Stash und Wilfredo.

Vielleicht gibt es auch etwas zu gewinnen, mal sehen.

******

Labels:

8. Januar 2007

7%

Ordentliche, ja geradezu zwanghafte Menschen wie ich machen ihre Steuererklärung bereits im Januar. Weil man immer wieder vergisst, was man eigentlich wo in welches Formular reinschreiben muss, recherchiert man im Internet. Und zur Belohnung stößt man dabei auf eine schöne, ach was wunderschöne Seite mit einer Liste der Gegenstände, auf die nur 7% Mehrwertsteuer zu erheben sind. Hier mein Favoriten:

4. Milch und Milcherzeugnisse; Vogeleier und Eigelb, ausgenommen ungenießbare Eier ohne Schale und ungenießbares Eigelb; natürlicher Honig

5. Andere Waren tierischen Ursprungs, und zwar

a. Mägen von Hausrindern und Hausgeflügel,
b. (weggefallen)
c. rohe Knochen

34. Wasser, ausgenommen

a. Trinkwasser (...)
b. Heilwasser und
c. Wasserdampf

47. Gelatine

So. Lesen und fröhlich werden.

******

Labels:

3. Januar 2007

Rhonda, Hazel und Chelsea in Berlin

Rhonda, Hazel und Chelsea sind heute wieder in die Staaten zurückgeflogen. Nachdem die drei All American Girls hier die Looks 2007 vorgestellt hatten, wollten sie natürlich alles über die jüngste deutsche Geschichte erfahren. Sprich: The Berlin Wall, Platz der Luftbrücke, Brandenburg Gate etc.pp. Ganz schön auf Trab haben sie mich gehalten, Rhonda, Hazel und Chelsea:


Hier sieht man Rhonda, Hazel und Chelsea (von links nach rechts) vor der Kongresshalle. Pflicht für alle US-Touristen, schließlich hat die Administration der Vereinigten Staaten diesen Bau finanziert. Großes Hallo übrigens bei den drei Grazien, als ich ihnen erzähle, dass der Berliner Volksmund dieses Gebäude Schwangere Auster nennt ("the pregnant oyster").


Hier sieht man die drei netten Mädchen von nebenan am Kurfürstendamm Ecke Joachimstaler Straße (von links nach rechts: Rhonda, Hazel, Chelsea). It was so much fun! Bei Starbucks einen Coffee to go holen wollten sie allerdings nicht. Begründung: "Da können wir ja gleich zu Burger King gehen!" Rhonda, Hazel und Chelsea stehen dem aggressiven Expansionsgebaren von Starbucks nämlich sehr kritisch gegenüber.


Hier noch ein Schnappschuss von Rhonda am Platz der Luftbrücke, kurz vor dem Abflug. Im Hintergrund ist der Flughafen Tempelhof zu sehen.
Rhonda, Hazel und Chelsea fanden Berlin großartig ("great"). Spätestens zum Spring Break, wenn ihre Elite-Uni für ein paar Tage die Tore schließt, wollen sie wieder rüberkommen.

******

Labels: