Grüße!
Folgende Veränderungen auf dem Grußformelmarkt stelle ich fest: Beim Verschicken von semi-offiziellen Mails an Leute, die man nicht kennt, mit denen man aber aus irgendwelchen Gründen nicht ganz so förmlich reden möchte, schreibt man zum Abschied nicht mehr Viele Grüße oder Freundliche Grüße, sondern man schreibt Viele Grüße aus dem frühlingshaften München oder Viele Grüße in das Sauerland oder Viele Grüße an den schönen Bodensee. Irgendetwas meteorologisch-geographisches muss seit neuestem immer mit dabei sein beim Grüßen. Wem außer mir ist das noch aufgefallen? Zum ersten Mal von dieser Art des Abschiednehmens gelesen habe ich im "Handbuch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit" von Norbert Franck, Frankfurt/Main, 2. Aufl. 2004. Dort heißt es auf Seite 124:
Also wirklich. Macht man das so? Ich verrate mal was. Ich bin in einem Ort geboren, der an einem Fluss namens Fils liegt. Dieser Fluss trägt nur bedingt zur Identität der Leute bei, die an ihm wohnen, ich möchte fast sagen, die Bewohner wollen möglichst wenig mit diesem Fluss zu tun haben und wären sicherlich höchst irritiert, wenn sie eine Mail unterzeichnet mit
Sonnige Grüße an die Filsbekämen! Irritiert war auch mein lieber Herr Mitbewohner, als er eine Mail von einem einigermaßen berühmten Journalisten erhielt und drunter stand:
Ihr Dr. Norbert Franck
Viele Grüße aus dem nachtschwarzen Washington D.C.Gelernt ist gelernt, der hat wohl seinen Franck gelesen, möchte man da sagen. Ich werde dieses Phänomen auf jeden Fall weiter beobachten.
Ihr XYZ
(bitte ankreuzen, Mehrfachauswahl möglich)
( ) Brummige Grüße aus Bärlin
( ) Tolle Grüße vom Teltowkanal
( ) Viele Grüße aus dem teilweise gentrifizierten Neukölln
Eure Rosine
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