„Hope in a jar“ – so heißt eine
Gesichtscreme, die vor vielen Jahren (es dürfte 2010 gewesen sein)
von Beauty-Youtuber*innen hoch und runter beworben wurde und die
meine erste bewusste Begegnung mit Influencer-Marketing markiert.
Nur hatte das Phänomen damals noch keinen Namen.
Seitdem ist viel Wasser die
Social-Media-Kanäle hinuntergeflossen, die Leute beklagen sich, dass
alles gleich aussieht auf Instagram, alles nur noch Werbung und
Kommerz ist auf Youtube, Studien weisen darauf hin, wie schlecht
Social-Media-Konsum für unsere mentale Gesundheit ist wegen der dort
propagierten unerreichbaren Standards und der inszenierten Perfektion
und überhaupt, Google und Facebook wollen uns mit miesen
psychologischen Tricks und geheimen Algorithmen süchtig machen,
damit wir auf Instagram stundenlang weiterscrollen und auf Youtube ein Video nach dem anderen kucken, um noch mehr Daten von uns sammeln und uns noch mehr
Werbung unterjubeln zu können. Ja, natürlich, möchte ich in solchen
Momenten rufen. Was ich außerdem rufen möchte: Kommt es nicht
darauf an, wie man die jeweilige Social-Media-Plattform nutzt? Wem man
folgt? Welche Videos man sich anschaut? Wer auf Instagram Kim
Kardashian und Caro Daur folgt, hat Kim Kardashian und Caro Daur im
Feed, wer mir folgt, hat … you do the math!
Statt „Hope in a jar“-Marketing heißt
es für mich beispielsweise „Jewelry in a jar“-Watching: Bei den
Jewelry-Jar-Opening-Videos („Unjarrings“) handelt es sich um eine
Youtube-Nische, in der mittelalte Frauen in ihren Videos sogenannte
Jewelry Jars öffnen – das sind vorgepackte Einmachgläser mit
gebrauchtem Modeschmuck, die man in amerikanischen Second-Hand-Laden
wie Goodwill, Savers oder bei der Salvation Army versiegelt zu einem
Fixpreis kaufen kann. Der Thrill an der Sache: Man weiß nicht genau,
was drin ist; neben dem ganzen Modeschmuck könnte ja doch etwas
Tolles in dem Gefäß sein, ein Armband von Tiffany & Co. vielleicht oder
etwas aus Sterling Silver.
Die Frauen, die diese Videos machen,
scheinen mir nicht besonders an irgendwelchen Beauty-Standards
interessiert zu sein, ihre Wohnungen sind – wenn man sie zu sehen
bekommt – mal aufgeräumt, mal nicht, sie machen auch nicht ständig Urlaub an exklusiven Orten, nein, sie öffnen Jewelry Jars und filmen das. Von negativen Auswirkungen dieser Videos auf meine
mentale Gesundheit kann ich nicht berichten. Außerdem sind diese
Videos so einschläfernd, dass ich nach spätestens zehn Minuten
eingepennt bin. Da kann Google sich auf den Kopf stellen und
versuchen mich zum Weiterkucken zu manipulieren!
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