Paninaro
Wetten, Ihr wisst nicht, was sich hinter dem Begriff
Paninaro verbirgt? Bei Paninaro handelt es sich um einen italienischen
Streetstyle der frühen Achtzigerjahre, der mit dem deutschen Popper- und dem
amerikanischen Preppy-Stil der damaligen Zeit nur unzureichend beschrieben
werden kann!
Die Quintessenz des Paninaro-Stils bestand aus Jeans in eher heller Waschung, die relativ weit hochgekrempelt waren, damit man die wirklich
unverzichtbaren Burlington-Socken sehen konnte. Entweder Burlington-Socken oder
keine Socken, das war die Devise! Schuhtechnisch trug man Timberlands und zwar
entweder die Bootsschuhe oder die knöchelhohen Schnürboots. Dazu ein Hemd oder
eine Bluse, darüber ein Sweatshirt von Best Company oder einen um die Schultern
gelegten Strickpulli mit Rundhalsausschnitt in rot oder vielleicht dunkelblau
sowie gegebenenfalls eine Moncler-Daunenjacke. Paninaro war quasi ein Über-Stereotyp des
klassischen italienischen Freizeit-Stils.
Ich kenne mich in dem Metier übrigens deswegen so gut aus, weil ich mich in
den frühen und den Mittachtzigern in Sachen Schüleraustausch das ein oder
andere Mal in einer süditalienischen, genauer apulischen Kleinstadt aufhielt,
wo ich mit zahlreichen Paninari zusammentraf. Roberta Q. beispielsweise war
eine entschiedene Paninaro-Anhängerin
und hatte ihr Zimmer mit Wham!-Plakaten tapeziert – George Michael und Andrew
Ridgeley von Wham! waren neben den Mitgliedern von Duran Duran die
Stilvorbilder der Paninari.
Ein anderes Mal war ich bei Ilaria Z. zu Gast,
deren Freund ein Moto hatte. Bei uns hießen die Dinger Enduro oder Achtziger
(bzw. Achtzger, ich komme aus Süddeutschland) und sahen ein bisschen so aus wie
Geländemaschinen. Natürlich wurden in den Achtzigern in Italien nach wie vor
Vespas gefahren, aber die Paninari fuhren Moto. Ilaria Z. konnte zum Glück einen
anderen Typen organisieren, der ebenfalls ein Moto hatte, und so heizten wir zu
viert durch die süditalienische Kleinstadt mit um die Schulter gelegten Pullis
und ohne Helm. Helm tragen war seinerzeit per Gesetz verboten in Italien,
glaube ich, denn man kann mit Helm unmöglich bella figura machen, was ja
wiederum eine Art Grundrecht, aber auch ein Grundgesetz ist in Italien.
Meine Schulfreundinnen und ich fanden den Paninaro-Stil echt
stark und haben jedesmal aufs Neue versucht, ihn aus der süditalienischen in
die süddeutsche Kleinstadt zu transferieren, was uns aber natürlich nicht
gelang. Grund: Überall außerhalb Italiens sehen um die Schulter gelegte Pullis
einfach Panne aus! Geblieben aus dieser Zeit ist mir aber noch ein Haaruntensil.
Man kann das nicht mehr richtig sehen, aber da stand mal Fiorucci drauf!
Fiorucci!! Ihr wisst Bescheid, oder?
Eine Haarspange von Fiorucci muss man erst mal haben |
5 Kommentare:
Jo, weiß Bescheid. Die Devise "Entweder Burlington-Socken oder keine Socken" galt auch in der norddeutschen Großstadt, und die Bootsschuhe, aber blaue, waren unverzichtbar. Und umgehängte Pullover. Die Steppjacken wurden bei uns allerdings durch Segelparkas oder Westen von Helly Hansen ersetzt. Wobei ich die Bootsschuhe tatsächlich ab und an auf einem Segelboot getragen habe! Damit ist es dann ja eigentlich kein Stil mehr. Trotzdem: es gab eine norddeutsche Variante des Paninaro-Stils. Seltsam, wo sich doch der Süden im allgemeinen viel mehr an Italien orientiert.
Kann es eventuell sein, dass die norddeutsche Variante etwas feiner, weniger burschikos und irgendwie Sylt-mäßiger war? Nicht, dass ich jemals auf Sylt gewesen wäre, aber ich war damals einmal in Hamburg und schwer irritiert, dass die jungen Frauen Pumps zu ihren hochgekrempelten Jeans trugen. In meiner peer group galt: Hohe Schuhe? Niemals!
Oh ja, Pumps zu hochgekrempelten Jeans habe ich auch getragen - aber das bereue ich nicht. Das würde ich direkt wieder so anziehen, wenn ich noch eine brauchbare Jeans hätte. Und die Assoziation mit Sylt trifft zu, auch wenn ich bis heute noch nicht auf Sylt war. Man wollte damals so aussehen, als verbrächte man jedes Wochende dort oder wenigstens im Segelverein an der Alster. (Ich bin auf ein verschnöseltes Ex-Mädchengymnasium gegangen, das erklärt so einiges.)
Die Bootsschuhe in Norddeutschland mussten blaue Docksides von Sebago sein, dazu na klar Burligton-Socken und wer eine Fiorucci-Jeans hatte, war nicht zu toppen. Wir waren alle oft auf Sylt und trugen hellgelbe Benetton-Pullover über die Schulter geschlungen. War aber nur eine Phase, nach den BW-Parkas, Perupullovern und lila Latzhosen (bin ja wohl etwas älter als ihr).
An die Perupullis und die lila Latzhosen kann ich mich sehr gut erinnern - hat meine ältere Schwester getragen!
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