Das Charlie-Girl
Früher hieß es „In Amerika gibt es alles“, heute sagt man „Im
Internet gibt es alles“. Das stimmt aber gar nicht. Es gibt überhaupt nicht
alles im Internet! Es gibt zum Beispiel keine essayistisch-geistreiche Abhandlung
über das Charlie-Girl von Revlon. Und dabei würde ich das so gern lesen!
Das Charlie-Girl, das ab 1973 in Riesenschritten allein durch New York,
Paris und London spaziert. Und zwar in Hosen. Angeblich war die Charlie-Anzeige
die erste Parfumwerbung, in der eine Frau in Hosen vorkommt. [Nicht etwa, dass
davor Männer in Röcken abgebildet gewesen wären!]
Das Parfum Charlie wurde 1973 von Revlon in Reaktion auf die
gesellschaftlichen Veränderungen auf den Markt gebracht: Women’s liberation movement war
in vollem Gange, Geschlechterrollen veränderten sich. Portraitiert wurden in der Charlie-Kampagne junge, selbstbewusste Frauen, die ein unabhängiges Leben führen und sogar allein in Bars gehen –
Frauen, die Hosen tragen!
In einem Artikel mit dem gewagten Titel A Fragrance to
Empower Women: The History of “Charlie” von Deirdre Bird, Helen Caldwell und Mark DeFanti vom Providence
College, Rhode Island, USA, aus dem Jahre 2011 heißt es:
Revlon created
“Charlie” for a contemporary and younger woman. It epitomized the lifestyle
approach and trend towards a more casual, everyday fragrance. “Charlie’s”
advertising theme featured a liberated woman model […] in a pant suit,
confidently striding down a New York street, epitomizing a chic New York woman,
interested in fashion, but not its slave. She had her own style and was her own
woman. This advertisement was a major departure from classic perfume
advertisements featuring glamorous women in evening attire. The common perfume
appeals of romance, glamour and status were nowhere to be found in a “Charlie”
advertisement. Importantly, the “Charlie” girl had selfconfidence, with
interests and a life of her own. She was not longing to attract a man. “Charlie” was aimed at women who see fragrances as a fun and pleasurable item,
not a sex appealer. The fragrance reflected the social trends of the early-to
mid-1970s, embracing both the youth culture and the women’s movement. It
ushered in an important new trend: the lifestyle fragrance.
Ich bin übrigens sehr froh, dass all die Frauen damals auf
die Marketingstrategie von Revlon reingefallen sind und Charlie zu einem
weltweiten Superseller gemacht haben. Nur deswegen gibt es all die tollen Charlie-Anzeigen und Charlie-TV-Spots, die ich mir jetzt so gern anschaue! Und die Ihr Euch
jetzt auch anseht: Hier und hier zwei Werbespots aus den Siebzigern mit Shelley
Hack. In den Achtzigern war sogar Sharon Stone ein Charlie-Girl (im Hintergrund
singt Cindy Lauper), in den Neunzigern waren es Cindy Crawford und Linda Evangelista.
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2 Kommentare:
An dieses Girl kann ich mich überhaupt nicht erinnern. Dafür bin ich bei deinen anderen Rückblicken aber meist dabei. So habe ich hier noch ein leuchtend kobaltblaues Strickschlauchensemble aus den 80ern von Marc Cain. 20 Jahre lang war die Farbe indiskutabel, und nun bin ich zu alt, um darin als modisch verstanden zu werden.
Nein? Seltsam - ich habe nämlich das Gefühl, verfolgt worden zu sein vom Charlie-Girl mit seinen Riesenschritten ...
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