15. Januar 2018

Die neue Mode

In ihrer Dissertation "Modenschauen. Die Behauptung des Neuen in der Mode" aus dem Jahr 2015 stellt die Kulturwissenschaftlerin Alicia Kühn folgende These auf: Um davon abzulenken, dass die Mode schon lang nichts Neues mehr hervorbringt und alles nur Zitat ist, müssen die Modehäuser und ihre Designerinnen und Designer immer aufwendigere Modenschauen an immer ungewöhnlicheren, überraschenderen und vor allem an instagramierbaren Orten inszenieren. Es ist nicht mehr so wichtig, was auf dem Laufsteg gezeigt wird, sondern wo die Schau stattfindet, wie sie inszeniert ist, wer anwesend ist und wie das Ganze auf Instagram rüberkommt – so ungefähr.

Wollte nicht Alessandro Michele, Chefdesigner von Gucci, eine seiner Kollektionen auf der Akropolis zeigen? Und soll dafür angeblich zwei Millionen Euro geboten haben? Die Griechen, entweder sehr klug oder total doof, haben das abgelehnt. Die Gucci-Schau hat dann in den Uffizien stattgefunden. Oder war es Westminster Abbey?

Ich jedenfalls bin froh, dass ich über die oben genannte Dissertation gestolpert bin, denn vor einigen Tagen habe ich mich in ein Outfit aus der Pre-Fall-2018-Kollektion von Chloé verliebt. Wenn die Pre-Fall-Kollektion die Vorbotin der eigentlichen Herbst-/Winterkollektion ist, die so ungefähr ab Juli/August in den Läden hängt, dann müsste die Pre-Fall-Kollektion ab Juni zu haben sein. Den Finanzierungsplan, wie ich bis dahin ungefähr 1600 Euro für zumindest die Hose und die Turnschuhe beiseitelegen kann, brauche ich nun nicht mehr, denn wenn mir die Mode sowieso nichts Neues bietet, kann ich das Outfit ja auch gleich mit alten Klamotten nachstylen:


Je länger ich die beiden Outfits vergleiche, desto mehr kommen wir Zweifel an Kühns These. Die Chloé-Hose und die Chloé-Turnschuhe wirken sehr neu auf mich! Auch wenn die Wissenschaft das Gegenteil behauptet!

Wo allerdings etwas dran sein könnte, ist Kühns Einschätzung, warum die Berliner Fashion Week, die es seit 2007 gibt und die heute losgeht, einfach nicht zünden will: "Zunächst einmal ist so eine Schau ein riesiger Kostenfaktor [...]. Das können sich aber längst nicht alle Berliner Designer leisten. [...]. Es ist aber so, dass ohne großen Pomp mehr auf die Kleider geschaut wird, und dann fällt die Kritik oft größer aus, denn viel Show lenkt ja auch schön ab. Vielleicht ist das der Grund, warum die Modestadt Berlin international nicht so anerkannt ist. Man sieht deutlicher, dass das Gezeigte nicht so bahnbrechend ist. In Paris ist das nicht anders, aber die inszenieren das Drumherum besser."

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