14. Februar 2015

Suspense

Ahhhhhhhhhhhhhhhhhh, ich bin derzeit mal wieder total auf dem Victoria-Holt-Trip! Victoria Holt ist eines von vielen Pseudonymen der britischen Schriftstellerin Eleanor Hibbert, ihres Zeichens Verfasserin sogenannter historischer Romane. Ich möchte hier allerdings nicht unerwähnt lassen, dass ich innerhalb der letzten 30 Jahre so ziemlich alle Bücher von Victoria Holt gelesen habe und trotzdem von britischer Historie nicht die geringste Ahnung habe. Ja, sicher, Victoria Holts Romane haben immer irgendetwas mit der Vergangenheit zu tun, aber nicht mit einer konkreten, an Jahreszahlen festzumachenden Vergangenheit, sondern mit so einer Art Universal-Vergangenheit. Neulich beispielsweise las ich "Das Geheimnis der Schwestern" (englisch "Bride of Pendorric") und war total irritiert, als in dem Roman auf einmal ein Telefon auftauchte! Ich dachte, die Story würde siebzehnhundertnochwas spielen wegen all der uralten, zugigen Herrenhäuser, der Steilküsten in Cornwall, der Ausflüge ins Moor und der Kleider aus grünem Samt. Wenn Ihr mich fragt, ist Victoria Holts Genre weniger der historische Roman, sondern vielmehr der Romantik-Thriller, auf Englisch heißt das, glaube ich, Gothic Novel, Gothic Romance oder Gothic Mystery bzw. Romantic Suspense und ich lehne mich sicher nicht allzu weit aus dem Herrenhausfenster, wenn ich Victoria Holts Œuvre als trivial bezeichne. So trivial, wie uns der folgende Buchdeckel weismachen will, aber nun auch wieder nicht!


"The Shivering Sands", zu Deutsch "Treibsand", ist mein ab-so-lu-tes Lieblingsbuch von der Holt! Das oben abgebildete Exemplar hat mir einmal meine Schwester geschickt, als ich sehr krank war, woraufhin ich durch den enormen Lese-Fun ziemlich bald wieder gesund wurde. Seit wir es zum ersten Mal aus der evangelischen Gemeindebücherei unseres Heimatdorfes ausgeliehen haben, ist Treibsand nämlich nicht nur mein Lieblingsbuch, sondern auch das meiner Schwester.


Die Hauptpersonen in den Victoria-Holt-Romanen sind immer junge Frauen, die es irgendwie (meist als Gouvernante) in eines dieser alten englischen Gemäuer verschlägt, wo es natürlich auch spukt! Die jungen Frauen sind aber allesamt sehr klug und rational (was man z.B. daran erkennt, dass sie im Schachspiel brillieren) und klären im Laufe der Geschichte auf, dass hinter dem Spuk beispielsweise ein psychisch krankes Familienmitglied steckt, das den ganzen Zinnober inszeniert hat, um die Protagonistin wieder zu vertreiben und/oder um ein uraltes Familiengeheimnis zu bewahren. Das Ganze ist natürlich irre spannend! Und obwohl die Protagonistinnen sehr klug und rational denken und handeln, haben sie aber überhaupt kein Problem damit, auch mal dem Ruf ihres Herzens zu folgen! In fast jedem Roman spielt übrigens auch ein Dorfpfarrer mit, der in einem dieser hübschen kleinen englischen Cottages wohnt, welches wiederum als Gegenwelt zu den gruseligen, burgartigen Adelslandsitzen dient. Ob der Dorfpfarrer der Grund ist, warum in unserer evangelischen Gemeindebücherei nicht nur das Holt‘sche Gesamtwerk, sondern auch das der sieben anderen Alter Egos von Eleanor Hibbert verfügbar war? Aber vielleicht war auch die Bibliothekarin Frau S. Romantic-Suspense-Fan. Man weiß es nicht.


Für meine Schwester und mich war es jedenfalls nicht nachvollziehbar, ja, geradezu unfassbar, dass ein dermaßen gutes Buch wie Treibsand bisher noch nicht verfilmt worden war – ein ganz klarer Fall für uns! Wir wohnten mittlerweile in Tübingen und so machten wir uns mit Dollar- bzw. Pfund-Sterling-Zeichen in den Augen gemäß Bourdieus Habitus-Konzept nicht etwa in eine der zahlreichen Tübinger Universitätsbibliotheken auf, sondern gingen in die Tübinger Stadtbibliothek, um uns dort ein "Wie schreibe ich ein Drehbuch"-Buch auszuleihen. Aber irgendwie war der Drehbuch-Ratgeber Mist, wir verzettelten uns schon bei der Eingangssequenz heillos und ich bin dann nach Berlin gezogen. Der schöne Plan verlief im (Treib-)Sand! Aber vielleicht waren wir ja nur unserer Zeit voraus!? Es waren die Neunziger – zwanzig Jahre vor dem Downton-Abbey-Hype. Ob man vielleicht noch einmal einen Versuch wagen sollte? The Shivering Sands als Mini-Serie – eventuell ein Dreiteiler? Denn im Prinzip sind die Bücher von Victoria Holt auch nichts anderes als Downton Abbey, nur mit weniger Kitsch, aber dafür umso mehr Suspense!

******

Labels: ,

7 Kommentare:

Anonymous Mila

Das muss ich lesen. Kluge Frau, die den Spuk im alten Herrenhaus psychologisch aufdeckt: Klingt spitze. Und dann noch dieses Cover! LG Mila

15. Februar 2015 um 14:00  
Anonymous Pippolina

Ah ja - ein super Buch, trivial aber nicht kitschig, mit klugen, geistreiche Dialogen und komplex gezeichneten Hauptpersonen mit einer guten Portion Abgründigkeit.
Ich finde immer noch, dass es unbedingt verfilmt werden sollte und erinnere mich, dass wir uns damals bei unserem Drehbuchprojekt sehr ausgiebig mit der Rollenbesetzung befasst haben und dadurch viel Zeit verloren haben.
Beim Blättern durch die englischen Journale wird einem heute die Idealbesetzung geliefert: Sophie Hunter als Caroline Verlaine (die weibliche Hauptperson) allerdings sehe ich Benedict Cumberbatch eher als den gewinnenden Vikar Godfrey Wilmot und Marcus Gilbert (Lord Justin Vulcan in Hazard of Hearts) als Napier Stacy... oder wie siehst du das Rosine?

15. Februar 2015 um 20:50  
Blogger ROSINE

@Mila - Auf jeden Fall! Gibt es auch bestimmt in einer Bücherei in Deiner Nähe ...

@Pippolina - Also, das Casting überlasse ich Dir! Mir ist nur wichtig, möglichst oft diesen Victoria-Holt-typischen Snack im Drehbuch unterzubringen, den die da immer essen, nämlich Butterbrote und ein Glas Rotwein. So als running gag. Wobei es in manchen Romanen auch Apfelwein ist. Ob das etwas zu bedeuten hat?

16. Februar 2015 um 18:43  
Anonymous Pippolina

...wird selbstgemachter Apfelwein nicht immer serviert, wenn im Verlauf der Handlung tüchtige Hausfrauen besucht werden, in deren Haus es penibel sauber ist und nach Möbelpolitur riecht - natürlich ebenfalls selbst hergestellt aus Terpentin und Bienenwachs?

16. Februar 2015 um 19:46  
Anonymous Pipplina

Im Herrenhaus geht es dagegen eher lässig zu, niemand muss sich etwas beweisen, es werden ein paar Butterbrote geschmiert und dazu wird eine Flasche Wein aufgemacht.

16. Februar 2015 um 19:52  
Blogger ROSINE

Ich wusste bisher nicht, dass Möbelpolitur aus Bienenwachs und Terpentin hergestellt wird! Irre! In welchem Victoria-Holt-Roman kommt das vor?

19. Februar 2015 um 19:00  
Anonymous Pippolina

Im Roman "Die geheime Frau" wird es gleich mehrmals erwähnt. Allerdings ist die Hauptperson auch Nichte und Assistentin einer Antiquitätenhändlerin - da erfährt man dann auch, warum Staub wischen so wichtig ist: Insekten legen gerne ihre Eier im Staub ab und die Larven zerstören dann die Möbel. Was Victoria Holt alles wusste - beeindruckend.

28. Februar 2015 um 14:44  

Kommentar veröffentlichen

<< Zurück